So wurde ich was ich bin: Facilitator aus ganzem Herzen

von | 29. Mai 2022 | 4 Kommentare

Eigentlich wollte ich Tierärztin werden – spezialisiert auf Pferde. Das war Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts.

Heute haben wir 2022 und ich bin Facilitator. Du fragst Dich was das ist?

Als Facilitator bin ich so eine Art Geburtshelferin für neue Ideen und Entwicklungen. Dafür bin ich in vielen Rollen gleichzeitig unterwegs: Beraterin, Prozessbegleiterin, Moderatorin, Coach.

Ich bin eine Ermöglicherin. Nichts anderes bedeutet das Wort Facilitator.

Hatte ich gezielt geplant Facilitor zu werden? Nein, die Richtung ergab sich bei mir erst sehr spät. Vorher entstanden ganz viele Puzzleteile aus denen irgendwann ein Bild erkennbar wurde. Heute ist es fertig und ich bin Facilitator.

Hier findest Du die einzelnen Puzzleteile, die über Jahrzehnte entstanden sind:

Neugier und Selbstvertrauen als Basis (60er/70er)

In unserer Familie haben wir viele Dinge einfach mal anders gemacht:

  • Wir haben im Garten Fossilien aus Steinen geklopft und im Urlaub versteinerte Seeigel gesammelt.
  • Wir haben im selbstgebauten Iglu im Garten mit der ganzen Familie, inklusive der Oma, im Kerzenlicht auf Schlitten gesessen, selbst gebackene Weihnachtskekse geknabbert und heißen Kakao getrunken.
  • Wir haben der Feldmaus im Ferienhaus einen Hindernisparcours gebaut und ihre Geschicklichkeit bewundert. Sie hieß Lotti.
  • Wir waren nachts mit Schlauchbooten auf dem Limfjord und haben das Meeresglühen bewundert.

Ich war verantwortlich für die Navigation zu Land und in der Luft:

Sobald ich lesen konnte, saß ich bei den Wochenendausflügen auf dem Beifahrersitz (ja, damals war das normal und erlaubt), mit der Landkarte in der Hand und habe uns ans Ziel navigiert. 1977 habe ich meine erste Gasballonfahrt erlebt und von der Pilotin, Helma Sjuts, Karte und Bordbuch in Hand gedrückt bekommen. Jede halbe Stunde musste ich eintragen, wo wir uns gerade befanden. Es folgten unzählige Fahrten und auch heute reicht meist ein Blick aus dem Flugzeugfenster und ich weiß, wo wir sind.

Birgit Gosejacob 1981 im Gasballon über den Wolken (ca. 1978)
Freiballonfahrt 1981 im D-Stadt Münster

Wir sind den Dingen auf den Grund gegangen und wollten verstehen:

  • Wenn wir in der Schule in Geographie, Heimatkunde oder Biologie irgendetwas durchgenommen haben, was irgendwie erkundet werden konnte, gab es einen entsprechenden Wochenendausflug. Wir haben Heidelandschaften besprochen – also ab in die Lüneburger Heide. Burgen? Ab ins Münsterland, ins Rheintal, zur Burg Altena usw. Wir waren viel unterwegs…
  • Kaulquappen wuchsen im großen Bonbonglas aus Tante Ernas Laden heran und wurden als Fröschchen in den Gartenteich entlassen.
  • Verpuppte Raupen im Gebüsch wurden täglich besucht, um zu sehen, was für ein Schmetterling herauskommen würde.
  • Wir schauten uns Altstädte und Dörfer überall in Deutschland an, um die unterschiedlichen Landschaften, Architekturen und Dorfstrukturen kennenzulernen.

Roter Umriss eines Puzzleteils

Neugier auf die Welt

Beobachten

Verstehen


Schule: So nie wieder (1966-1983)

Es gab eine Welt, in der ich nichts durfte – als Mädchen schon gar nicht – und in der ich versuchte unsichtbar zu sein.

Genau genommen fing es schon im Kindergarten an: Ich durfte ich als Mädchen nicht Dreirad fahren und nicht auf die Rutsche. Sandkasten war ok. Die Jungs durften Spaß haben.

Das zog sich weiter durch meine gesamte Schulzeit:

Ich lernte, dass Mädchen kein Mathe könnten, für Naturwissenschaften weder Interesse noch Grips hätten, Werkunterricht gab es nur für Jungs. Wir Mädels sollten Hauswirtschaft und Handarbeit lernen. Als wir Stricken lernen sollten, brach ich mir den Arm beim Reiten. Ich kann bis heute nicht stricken und wollte es auch nie können.

Ich zog mich zurück und versuchte in der Schule unsichtbar zu sein.

Mündlich stand ich konsequent überall auf einer 5. Ich hatte das Gefühl in der Schule zu ersticken.

Das einzige was zählte war zu funktionieren: Eine Lösung nicht nach Lehrbuch errechnet? 5! Bei einem Aufsatz etwas zu kreativ gewesen? Ganz schlecht! Etwas nacherzählt statt auswendig gelernt? Ganz blöd.

Ich flüchtete mich in eine Parallelwelt: Den Reitstall.


Roter Umriss eines Puzzleteils

Nie wieder Schule


Verantwortung übernehmen (70er/80er)

Mit 12 lernte ich reiten. Mit 14 Jahren hatte ich mein erstes Pflegepferd. Das bedeute, ich durfte das Pferd kostenlos reiten, musste mich aber um die tägliche Pflege und Bewegung kümmern. Natürlich war ich jeden Tag im Stall. Ich war stolz wie sonst was und genoss die völlig neue Freiheit.

Ich konnte reiten wann und wohin ich wollte. Ab in die Wälder – alleine mit meinem Pflegepferd. Ein Traum! Und eine große Verantwortung. Wenn ich nicht in den Stall kam, kümmerte sich niemand um das Pferd. Also war ich da. Immer.

Ich assistierte dem Schmied und dem Tierarzt. Mal stand ich im nach verbranntem Horn stinkendem Rauch, mal hing ich zusammen mit einem hustenden Pferd über einem Eimer mit Kamillentee zum Inhalieren. Hab heulend vor Glück in der Pferdebox gesessen, den Kopf der Stute im Schoß, die gerade mitten in der Nacht ihr Fohlen zur Welt brachte. Ein kleiner Hengst, der mit zartem Wiehern die Welt begrüßte und der gesammelte Stall lauthals antwortete.

Im Reitverein sprang ich für Longier- und Reitunterricht ein, passte auf die Kids auf, wenn Übernachtungen zu besonderen Anlässen auf dem Heuboden angesagt waren, half bei der Heuernte und reparierte Zäune.

Vor allen Dingen übernahm ich auch Verantwortung für mich selbst. Ich machte in meiner Freizeit konsequent das, was mir Spaß machte und da, wo ich mich wohl fühlte. Dafür übernahm ich gerne die vielfältigen Aufgaben und Arbeiten. Ich sah einen Sinn darin.


Roter Umriss eines Puzzleteils

Selbstvertrauen

Verantwortung übernehmen

Machen, was mich glücklich macht


Informatik macht Spaß!(Ende der 70er)

Im gruseligen Schulalltag gab es unerwartetes Highlight: Ein Unternehmen schenkte der Schule einen Computer. Ein großes, blaues Ungetüm, welches einen eigenen Raum mit eigener Klimaanlage benötigte. Die Leistung dieses Rechners betrug atemberaubende 64 KB.

Ich habe keine Ahnung, warum ich, die jedes Mal froh war, wenn eine Mathearbeit an einer Katastrophe vorbeigeschlittert war, sich ausgerechnet für die neue Informatik AG eintrug. Wahrscheinlich war es pure Neugier und Abenteuerlust. Das hatte ja noch nie jemand auf der Schule gemacht. Also galt auch nicht die Regel „Das ist nichts für Mädchen“. Ich machte mit und liebte es!

Ich lernte komplexe Anforderungen in Strukturen darzustellen, die zu Lösungen führten und kleine Programme in BASIC zu schreiben. Die Kommunikation mit dem Computer lief über Fernschreiber. So wurde alles das, was wir eintippten, auf gelbe Lochstreifen gestanzt, die wiederum in den Computer eingelesen wurden.

Lochstreifen
Unsere damaligen Datenträger: Lochstreifen

Meine gedankliche Herangehensweise an Problemlösungen hat sich damals für immer verändert. Sie ist sehr strukturiert geworden. Wahrscheinlich ist hier auch der Grundstein für meine Liebe zur Digitalisierung gelegt worden.


Roter Umriss eines Puzzleteils

Strukturiertes Denken

Spaß an Informatik


Ein Bürojob macht mich wahnsinnig (80er)

Das Abi geschafft, der Traum vom Job als Tierärztin begraben. Der Numerus Clausus war in in weiter Entfernung. Und überhaupt – nach dem Albtraum Schule noch Uni? Auf keinen Fall!

Ich habe ganz pragmatisch eine Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht (nein – ich gendere das nicht. Das hieß damals tatsächlich so und steht auch genau so in meinem Abschlusszeugnis). Die Vernunft siegte – ich bin davon ausgegangen, dass eine solche Ausbildung eine gute Basis für alle möglichen späteren Jobs darstellen würde.

Damals habe ich viel gelernt. Vor allen Dingen was ich nicht will: Den grauen, ermüdenden Büroalltag mit all dem Tratsch, voraussehbaren, immer wiederkehrenden Aufgaben, dem Gedrängel an der Stechuhr zweimal am Tag. Die Aussicht mein Berufsleben dort in dieser einen Firma zu verbringen fand ich erschreckend. Aber das war es, wonach damals üblicherweise gestrebt wurde: Von den Mitarbeitenden feierte einer nach dem anderen 20- oder 25-jähriges Dienstjubiläum. Meine Laune sank mit jeden Jubiläum.

Ich begriff, dass ich mein Leben nicht mit so einem Job verbringen wollte. Aber was tun? Sich in der Kleinstadt bewerben? Mein Chef würde es wahrscheinlich als allererster wissen.


Roter Umriss eines Puzzleteils

Dinge hinterfragen

Erkennen, was nicht passt

Einstehen für sich selbst


Gute Teamarbeit als Basis für Erfolg (80er)

Die Reiterei war nach wie vor meins. Irgendwann landete ich in einem privaten Reitstall mit Profis.

Ich war bei allen Turnieren dabei – als HiWi. Mein Job war es, alles so zu organisieren, dass der Profi sich nur noch darauf konzentrieren musste, einen sauberen Ritt durch den Parcours hinzulegen. Dazu gehörte alles: Angefangen vom Heraussuchen und Zusammenpacken von allem, was für den Turniertag und die jeweiligen Pferde notwendig war bis hin zur Zeitplanung vor Ort, Aufzäumen und Abreiten der jeweiligen Pferde, Trockenreiten, auf den LKW verladen und, und, und…

Wir waren ein fein aufeinander abgestimmtes Getriebe. Es durfte nirgendwo Sand reinkommen. Nur dann, wenn alles für die Pferde und Reiter stressfrei lief, konnten Erfolge gefeiert werden. Jeder trug dazu bei und gefeiert wurde gemeinsam. Von allen Seiten waren zwei Dinge unabdingbar: Vertrauen und Verlässlichkeit.

Einmal bekam auch die Chance auf einem Turnier zu starten: Mit einem geliehenen Pferd. Mit einer Freundin tauschte ich für das Wochenende meinen Renault 5 gegen einen Nissan Patrol mit Anhängerkupplung. Von einem Bauern lieh ich mir einen Anhänger. Unser Team war auf einem internationalen Turnier. Also habe ich früh morgens den geliehenen Hänger an das geliehene Auto gekuppelt, das geliehene Pferd verladen und bin zu „meinem“ Turnier gestartet. Ich war alleine und musste mich selbst um alles kümmern. Eigentlich unmöglich…

In einem Teilnehmerfeld aus über 80 Nennungen haben wir (die wundervolle Fuchsstute Annika und ich) nach einem Stechen den dritten Platz geholt. YEAH! Zwischen uns stimmten Vertrauen und Verlässlicheit. Auch wir waren ein Team. Gut aufeinander abgestimmt.

Aber ein weiterer Start in einem anderen Wettbewerb wäre unter diesen Bedingungen unmöglich gewesen. Es braucht ein gutes erweitertes Team – aus Menschen.

Birgit Gosejacob im Parcours
Vertrauen unabdingbar für Teamarbeit. Auch zwischen Pferd und Reiter.

Spannend – echte Teamarbeit habe ich in der Freizeit kennen und schätzen gelernt.


Roter Umriss eines Puzzleteils

Teamwork

Vertrauen schenken

Verlässlichkeit bieten


Ich bin mutig und mache mein Ding (1989)

Ich wurde nach der Ausbildung übernommen aber dadurch mit dem Job nicht glücklicher. Als meine Frage nach mehr Gehalt damit abgebügelt wurde, dass ich als Frau in einem christlich-konservativen Unternehmen arbeiten würde, wo solche Jobs nicht für Frauen vorgesehen waren, habe ich einen Tag später gekündigt und meinen Jugendtraum wahrgemacht. Ich bin in die USA gegangen. Mit zwei Koffern, jeder Menge Abenteuerlust und offen für das, was kommen würde.

Es wurde:

  • ein erstes Ankommen in Virginia,
  • die Erkenntnis, dass eine richtig gute Note im Englisch-Leistungskurs nichts mit der Alltagstauglichkeit der Sprachkenntnisse in den USA zu tun hat,
  • ein Visum für ein Career Training Program der Carl Duisberg Gesellschaft,
  • ein Kauf eines fast schrottreifen Golfs,
  • eine völlig ungeplante Fahrt quer durch den Kontinent nach San Francisco,
  • ein Traumjob im Verkaufsteam eines 5-Sterne Hotels
  • und ein geniales, neues Leben.
Birgit Gosejacob liegt auf einem Segelboot bei Wellengang vor der Golden Gate Bridge. Im Hintergrund die Hügelkette der East Bay. (1990)
Auf zu neuen Ufern: Segeln am Golden Gate

Roter Umriss eines Puzzleteils

Selbstvertrauen

Offenheit

Einlassen auf das Neue und Fremde


Neues Leben – neue Erkenntnisse (1990-92)

Arbeiten und Leben in San Francisco veränderte alles. Vor allen Dingen meinen eigenen Horizont und meinen Anspruch an mein Leben.

Kundenkontakt: Ich liebte es Kunden zuzuhören – herauszufinden, was sie sich wünschten, Angebote zusammenzustellen, Veranstaltungen zu organisieren.

IT: Zu meiner Überraschung waren PC’s in den Büros vorhanden, wurden aber als Schreibmaschinenersatz genutzt, ansonsten gab es Karteikarten, Strichlisten usw.

Ich war weit davon entfernt ein IT-Profi zu sein. Ich hatte Kenntnisse aus der Informatik AG. Später in der Ausbildung habe ich dem IT-Leiter Infos für die Anbindung der jeweiligen Abteilung, in der ich gerade war, aufbereitet. Er band nach und nach die Abteilungen an das System an. Für einen externen Berater hatte ich Materialflusspläne und Skizzen von Prozessabläufen angefertigt. Ich kannte mich auf der DOS Oberfläche aus und konnte diverse Anwendungen ausführen, wenn der IT-Leiter im Urlaub war.

Da ich keine Lust hatte, in das Karteikarten-Zeitalter zurückzufallen, hatte ich mich ein Wochenende mit den Handbüchern zu im Hotel vorhanden Programmen (die gab es damals noch zu jedem Programm) im Hotel verschanzt und einfache Sachen erstellt, die uns das Leben leichter machten, wie z.B. Masken für die Erfassung von Anmeldungen, Begleitern von Kunden, Extrawünschen, usw. So konnten wir per Mausklick sofort sehen, wie der aktuelle Stand für eine Veranstaltung aussah.

Internationales Team: Ich arbeitete in einem Team von ca. 400 Angestellten, die fast die UN widerspiegelten. Ein wildes Gemisch aus Kulturen und Nationalitäten. Ein unerschöpflicher Pool an Wissen, kreativen Lösungen und spannenden Geschichten. Ich lernte eine nie zuvor gekannte Hilfsbereitschaft und Toleranz kennen.


Roter Umriss eines Puzzleteils

Kundennähe

IT-Affinität

Vielfalt


Standing verschaffen und motivieren (90er)

1992 lief mein Visum aus. Es gab keine Chance auf Verlängerung. Nach dem ersten Golfkrieg herrschte in den USA eine heftige Rezession.

Ich landete in Düsseldorf bei einer Luft- und Seefrachtspedition. Als Geschäftsleitungsassistentin im klassischen Bürojob. Ein Zugeständnis, um die Branche kennen zu lernen, bevor ich in den Vertrieb gehen wollte.

Ich machte das IATA Zertifikat Fracht. Mein Chef wollte mich nicht als Assistentin missen. Zwei Jahre Büro waren für mich genug. Ich kündigte – der Wettbewerb suchte jemanden für den Vertrieb.

Nach dem Vorstellungsgespräch merkte ich einmal mehr, dass das weibliche Geschlecht wieder im Weg stand. Ich lernte, dass niemand damit gerechnet hatte, dass sich eine Frau bewerben würde. Es musste erst ein ok der Geschäftsleitung eingeholt werden, ob eine Frau für die Aufgabe eingestellt werden dürfte… Dann die Überraschung – das „ok“ kam. Es folgten 8 aufregende Jahre, in denen ich später das Route Management für Kanada und die US-Westküste übernahm und wieder regelmäßig in die „alte Heimat“ kam.

Birgit Gosejacob im Cockpit einer Boeing 747 (Mitte der 90er)
Boeing 747 – flight deck

Aber – der Weg war steinig. Als blonde Quereinsteigerin, ausgestattet mit Firmenwagen und Diensthandy für den Außendienst musste ich das fast ausschließliche männliche Team von gestandenen Spediteuren gewinnen. Ohne das Team im Büro geht im Außendienst nichts. Es hat funktioniert und es war eine herrliche Zeit! Auch – oder vielleicht gerade weil ich Akquisition in beide Richtungen machen musste: Extern, um Kunden für das Unternehmen zu gewinnen. Intern, um das Team zu gewinnen.


Roter Umriss eines Puzzleteils

Die entscheidende Frage (2001)

Dann konsolidierte sich der Markt. In der Geschäftsführung saßen plötzlich keine Spediteure mehr, sondern Controller. Ich überlegte, wie ich damit umgehen würde, wenn auch mein Arbeitgeber plötzlich übernommen würde und ich unter einer anderen Flagge segeln müsste. Der Gedanke gefiel mir nicht.

Ich zog Bilanz. Was hatte mir so richtig Spaß gemacht und was konnte ich besonders gut?

Zu Kunden bin ich nie mit Ratenblättern gegangen. Ich habe mir einfach immer angehört, wo es welche Probleme gab und habe versucht Lösungen anzubieten. Viele Gespräche drehten sich nur am Rande ums eigentliche Geschäft. Ich gewann die Kunden nicht über die günstigste Rate sondern über Vertrauen.

Ab und zu wurde es kurios: Einige Kunden haben die Jobs gewechselt und sich bei mir für die vielen guten Impulse bedankt. Einer schrieb mir eine Karte aus Australien, wie glücklich er sei, dass er den Mut gefunden hat, auszuwandern. Hmmm….

Als Vertriebsleiterin durfte ich an vielen Schulungen und Seminaren teilnehmen. Einige waren gut, viele waren schlecht. Immer öfter hatte dich das Gefühl, so etwas besser machen zu können. Hmmm.

Ich entschloss mich etwas Neues zu wagen. Ich kündigte. Es war Mail 2001. Ich wurde bis Ende des Jahres freigestellt und nutzte die Zeit für Fortbildungen. Am 11. September wusste ich, dass meine Entscheidung genau richtig war.


Roter Umriss eines Puzzleteils

Hinhören

Lösungen finden

Trainings verbessern


Training? Coaching? (Anfang 00er)

Ich machte eine Ausbildung als Trainerin und Coach. Ganz schnell stellte ich fest, dass ich keine klassische Trainerin sein wollte. Menschen erzählen, wie sie etwas machen sollen? Nicht meins. Das erinnerte mich viel zu sehr an die Schulzeit.

Menschen gemeinsam etwas entwickeln lassen und sie dabei begleiten ja. Ich machte keine Trainings – ich führte Workshops durch. Ich gab Impulse, Anregungen, ermöglichte das Erarbeiten von eigenen Lösungen in Gruppen. Und brachte Facility Manager zur Verzweiflung, wenn ich nach Arbeitsecken und Stuhlkreis fragte.

Coaching war (und ist) mein Ding. Auch wenn ich zwischendurch in Angestelltenverhältnissen war. Ich habe immer darauf bestanden, dass ich im Nebenjob weiterhin Coachings machen durfte.

Ich liebe es so eine Art Geburtshelferin zu sein, wenn Neues entsteht, Ideen aufkommen, Erkenntnisse gewonnen werden.


Roter Umriss eines Puzzleteils

Raum geben

Lösungen erarbeiten lassen

Arbeiten mit Gruppen ist mein Ding


Webinare – die Zukunft lockt (Mitte 00er)

Ich habe für eine virtuelle Akademie drei Fachbereiche geleitet. Eine neue und aufregende Herausforderung:

  • Schulungsunterlagen für Webinare erstellen
  • Umdenken bei der Durchführung
  • Teilnehmende über die damals zur Verfügung stehenden Plattformen aktivieren
  • Über Moodle Kurse organisieren und managen.

Da war sie wieder da: Diese kleine Leidenschaft für das Tüfteln am Rechner. Aber dieses Mal sogar in Verbindung mit meinem eigentlichen Job. Ich war begeistert!

Noch besser: Ich konnte plötzlich von zuhause arbeiten. Oder von wo immer ich einen guten Internetanschluss hatte. Das gleiche galt für die Teilnehmenden. Nie (oder nur sehr selten) kamen Absagen wegen Urlaub. Nein – ich hatte plötzlich Teilnehmende aus den herrlichsten Urlaubsdestinationen im Webinar. Sensationell! Da taten sich ganz neue Möglichkeiten auf.


Roter Umriss eines Puzzleteils

Erste Webinare

Lernplattform managen

Ortsunabhängig zu arbeiten ist der neue Traum


Facilitation – das ist es! (2005)

Ich lernte Open Space Veranstaltungen kennen – und lieben!

Es begann mit einem World Café und einem 2-tägigen Workshop zu dieser Methode. Ich war angefixt und wollte damit etwas Neues ausprobieren. Es wurde ein monatliches offenes World Café im ShuYao Teehaus, damals noch an der Düsseldorfer Kö.

Birgit Gosejacob mit Willkommensflipchart für den ShuYao Teesalon.
ShuYao Teesalon – öffentliches World Café in Düsseldorf 2006

Dann lernte ich Zukunftskonferenzen, Real Time Change Konferenzen usw. kennen und lieben. Für mich wurde immer klarer: Genau das ist es

  • Das Arbeiten mit Gruppen!
  • Nicht beraten,
  • nicht schulen, wie was gemacht werden soll,
  • nicht trainieren, wie etwas gehandhabt werden soll
  • sondern den Menschen ermöglichen, ihre eigenen Lösungen zu finden.
  • Mit Methoden zu arbeiten, die gesammelte Kompetenz, Erfahrung, die unterschiedlichen Perspektiven und Denkweisen, die die Menschen in einem Raum mitbringen, sichtbar zu machen und zu vernetzen.

Ich konnte die Zukunft kaum abwarten!


Roter Umriss eines Puzzleteils

Arbeiten mit Gruppen

Raum geben

Entwicklung ermöglichen


Lernen – Arbeiten mit großen Unternehmen (2008-2013)

Ich merkte, dass ich als Einzelkämpferin irgendwo eine Grenze erreicht hatte. Meine typischen Kunden waren kleinere Mittelständler. Großgruppenkonferenzen fanden eher in großen Unternehmen statt. Ich nahm die Chance wahr, für ein großes Weiterbildungsinstitut einen neuen Fachbereich aufzubauen. Keine 1- oder 2-tägigen Seminare mit festen Terminen, sondern kundenspezifische Programme planen, Trainer einkaufen, usw.

Ich arbeitete jetzt mit den Kunden, die ich mir immer gewünscht hatte: Große Unternehmen, Konzerne. Nur – die eigentliche Arbeit mit den Kunden machten andere. Ich hatte zwar einen gut bezahlten, sicheren Job mit netten Kollegen und geregeltem Urlaub, aber ich pendelte zwischen Kundenterminen und Büroarbeit. Nur in Ausnahmen schmuggelte ich mich selbst „auf die Bühne“. Mir war das zu wenig. Ich orientierte mich um.


Roter Umriss eines Puzzleteils

Loslassen, was nicht passt

Nicht planen und einkaufen – selbst durchführen


Lernen – Menschen zusammenbringen (2013-2018)

Ich wechselte als Programmdirektorin in eine gemeinnützige Organisation. Dort fand ich die Vielfalt, die ich in den letzten Jahren vermisst hatte. In den Leadership Programmen, für die ich verantwortlich war, trafen gesellschaftliche Bereiche, unterschiedlichste Branchen und Kulturen aufeinander.

Erstmals arbeitete ich mit Jugendlichen, als ich Fördergelder für ein Jugendprogramm eingeworben hatte. Kids aus allen Schulformen und Gesellschaftsschichten. Eine inklusive Gruppe mit besonderen Herausforderungen. Eine spannende und bereichernde Erfahrung.

Was fehlte? Alles fand vor Ort statt. Mit einer aufwändigen Materialschlacht, Buchung von Räumlichkeiten, viel Zeitaufwand mit An- und Abreisen. Die digitale Welt entwickelte sich weiter. Chancen für eine intensivere Zusammenarbeit und einen nachhaltigen, aktiven Austausch unter allen Akteuren im virtuellen Raum blieben ungenutzt.


Roter Umriss eines Puzzleteils

Vielfalt

Zusammenbringen, was nicht zusammengehörte


Lernen – Fitnessprogramm für die digitale Welt (2017 – heute)

Um auf den aktuellsten Stand zu kommen, absolvierte ich Weiterbildungen:

  • Zertifizierte Live-Online Trainerin (da war es wieder, das böse Wort – aber ich musste die neuesten Techniken lernen)
  • Zertifizierte Blended Learning Designerin

Ich suchte nach Lösungen, wie ich Facilitation online abbilden konnte. Egal, ob es um Barcamps, World Cafés, Zukunftswerkstätten oder Design Thinking ging. Ich fand Miro – damit ging alles. Und noch viel mehr.

Die Begeisterung hält bis heute an und bedeutet ständiges, fast tägliches Lernen. Das Programm wird weiter entwickelt, in der Community werden neue Anwendungen geteilt und diskutiert. Es macht einfach Spaß!

Online-Meetings – Technik einrichten, statt Materialkisten zu schleppen

Ich nahm an unzähligen Konferenzen und Tagungen teil, um neueste Trends und Entwicklungen mitzubekommen. Ich lernte von anderen Usern, von der Community. Nahm an verschiedenen WOL-Circles teil. Meine Welt wurde digitaler und wieder internationaler.


Roter Umriss eines Puzzleteils

Zertifizierte Live-Online Trainerin

Zertifizierte Blended Learning Designerin

Videokonferenzen

virtuelle Zusammenarbeit – Miro


Heute: Empowerment für Leader

2018 hatte ich das Gefühl, dass alle Puzzleteile perfekt ineinander griffen. Ich machte mich wieder selbstständig. Als Facilitator.

Über die Jahre habe ich alle Puzzleteile bekommen, die ich brauche, um zum einen komplexe Herausforderungen und auch die unterschiedlichen Organisationskulturen so zu verstehen, dass ich passende Methoden bzw. – mixe finde, mit denen meine Kunden schnell und sicher an ihr Ziel kommen.

Ich habe genug Standing um mit Spaß und Freude auch sehr hochrangig besetzte Gruppen zu moderieren und zu motivieren.

Mein Angebot und Ziel: Empowerment für Leader

Birgit Gosejacob lachend und mit wehender roten Jacke. Im Hintergrund die Tragseile der Ledabrücke im Hafen Leer.

Ich unterstütze Selbstständige, Führungskräfte aus Wirtschaft und öffentlichem Dienst, aus Stiftungen und gemeinnützigen Organisationen. In kleinen und großen Gruppen. Bei der persönlichen Weiterbildung und bei komplexen Herausforderungen.

Letztlich geht es immer darum, in der sich immer schneller verändernden VUCA-Welt weiterhin handlungsfähig zu bleiben. Mit den immer komplexer werdenden Problemen umgehen zu können. Die Zukunft selbst aktiv mit gestalten zu können.


Wenn Dich diese Themen interessieren, trag Dich doch einfach für meine Extras ein. Hier bekommst Du Tipps, Tricks und Hacks, Infos zu neuen Features bei Zoom und Miro, Einladungen zu Lives und Zugriff auf Interviews mit spannenden Menschen die mutig etwas anders gemacht haben.

Ich freue mich auf Dich!

Herzliche Grüße

Birgit

Birgit Gosejacob Portrait mit roter Jacke und roter Kette
Autorin Birgit Gosejacob
Birgit Gosejacob begleitet Veränderungsprozesse als Leadership-Coach, Beraterin und Facilitator unter dem Motto Mutig.Anders.Machen. Sie ist Expertin für kreative Lösungsfindungen, lebendige Kollaboration und mutige Veränderungen. Sie unterstützt Führungskräfte und deren Teams dabei, mit Pioniergeist, Mut, Zusammenhalt und Power Veränderungen zu stemmen. Als Facilitator schafft sie in Präsenz- und virtuellen Formaten Raum für kleine und große Gruppen, in denen diese jeweils eigene kreative Lösungen, ein gemeinsames Ziel oder einen gemeinsamen Weg finden können. Ihr Fokus liegt auf dem Aufbruch von Denkstrukturen, der Entwicklung eines agilen Mindsets, sowie des Zusammenwirkens unterschiedlicher Akteure über den eigenen Bereich hinaus.

4 Kommentare

  1. Was für ein unglaublich inspirierender Artikel. Ich finde es immer wieder faszinierend, wie sich die Welt in den letzten Jahren (zum Glück!) für uns Frauen verändert hat. Was du dir noch alles erarbeiten musstest. Ich meine, wir sind heute längst noch nicht da, wo wir sein sollten. Auch ich hatte Anfang der 00-Jahre noch mit der Aussage „Nein, es gibt extra einen Informatikkurs für Mädchen. Da musst du hin“ zu kämpfen. Wohlgemerkt hatte ich zuvor schon zwei Jahre „normales“ Informatik in der Schule gehabt. In der Oberstufe sollte ich aber erklärt bekommen., dass der Stecker von der Tastatur extra farblich markiert ist und am PC in den Anschluss mit der selben Farbe gehört.

    Wie schon geschrieben: Ich finde dich als Persönlichkeit faszinierend und inspirierend.

    Danke!

    Antworten
    • Danke Dir liebe Imken. Ja, es ist in der Tat noch viel zu tun. Kaum zu glauben, was Dir noch Anfang der 00-Jahre passiert ist. Andererseits – versuch mal in einer Autowerkstatt als KUNDIN (Betonung auf weiblich…) ernst genommen zu werden. Da könnte ich auch aus jüngster Vergangenheit noch die schrägsten Geschichten beisteuern.

      Aber – wir gehen unseren Weg und führen Schritt für Schritt die kleinen Veränderungen herbei 😉

      Antworten
  2. was für ei wechselvoller, abwechslungsreicher und doch auf einen „Punkt“ hinführender aufregend-spannender Werdegang! Glückwunsch !

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