Die VUCA-Welt verlangt nach neuen Kompetenzen in der Organisation.
Allerdings ändert sich auch das „Verfalldatum“ erlernter Kompetenzen. Früher ging man davon aus, dass einmal Erlerntes praktisch das ganze Leben genutzt und angewendet werden konnte. Das hat sich dramatisch geändert.
Dementsprechend muss sich auch der Kompetenzerwerb ändern. Von Zeit zu Zeit ein Seminar oder einen Lehrgang zu besuchen und theoretisches Wissen zu lernen reicht nicht mehr aus.
Zeit für lange Lernphasen und die Umsetzung bzw. Anwendung irgendwann zu einem späteren Zeitpunkt, hat niemand mehr. Je mehr der Wissenserwerb in den praktischen Alltag integriert ist, um so erfolgreicher wird die Umsetzung sein.
Insbesondere für Organisationen ist das ein immer wichtigerer Punkt.
Herausforderungen beim Kompetenzerwerb
Immer wenn es darum geht, Menschen dazu zu bringen, etwas Neues zu lernen, müssen folgende Herausforderungen überwunden werden:
Motivation
Viele Menschen verbinden mit Kompetenzerwerb das Lernen, so wie sie es aus der Schulzeit kennen:
- Frontalunterricht,
- Vermittlung viel theoretischen Wissens nach Lehrplan oder Curriculum,
- oft wenig oder keinem Bezug zum gelebten Alltag bzw. zu eigenen, aktuellen Herausforderungen.
Entsprechend schwer fällt das Lernen – die Motivation besteht vielleicht noch darin, eine gute Note, eine bestandene Prüfung oder ein begehrtes Zertifikat zu erlangen, aber viel zu oft findet ein Großteil des Erlernten keine Anwendung in der Praxis.
Anders sieht es aus, wenn Menschen etwas erreichen wollen, wofür sie bestimmte Kompetenzen benötigen. Die Motivation ist in solchen Fällen vorhanden – insbesondere dann, wenn das Lernen im Rahmen einer eigenen Erfahrung erfolgt und direkt in die Praxis umgesetzt werden kann.
Zeit
Die Zeit spielt gleich eine Doppelrolle:
Zum einen, weil Wissen, insbesondere bezogen auf die digitalen Kompetenzen und Technologien, immer schneller veraltet und gleichzeitig immer schneller benötigt wird.
Zum anderen, weil gerade in den Organisationen kaum noch jemand bereit ist, Mitarbeitende für längere Zeit in eine Weiterbildung zu schicken. Da werden auch schon 2 Tage plus An- und Abreise als unzumutbar empfunden.
Flexibilität
Nicht nur die Arbeitszeiten werden flexibler, sondern auch die Arbeitsplätze selbst sind immer öfter ortsunabhängig. So wird es schwieriger, an längeren oder in regelmäßigen Abständen stattfindenden Präsenzveranstaltungen teilzunehmen.
Selbst bei langfristig geplanten Maßnahmen kommen oft unerwartete Kundenaufträge, erkrankte Kollegen, kurzfristige Jobwechsel, Umzüge usw. dazwischen. In der VUCA-Welt mehr denn je.
Individualität
Nicht jeder Teilnehmende an Weiterbildungsmaßnahmen hat dieselben Vorkenntnisse oder dasselbe Lerntempo: Was den Einen überfordert und frustriert, langweilt den Anderen.
Anders sieht es aus, wenn Menschen etwas erreichen wollen, wofür sie bestimmte Kompetenzen benötigen. Die Motivation ist in solchen Fällen vorhanden – insbesondere dann, wenn das Lernen im Rahmen einer eigenen Erfahrung erfolgt und direkt in die Praxis umgesetzt werden kann.
Diesen Herausforderungen kannst Du beispielsweise mit Blended Learning begegnen. Hier bieten sich Möglichkeiten, sehr passgenau Kompetenzen zu aktuellen Aufgabenstellungen und Herausforderungen zu vermitteln.
Blended Learning
Blended Learning heißt erst einmal nichts anderes, als das ein Lernprozess in verschiedenen Lernebenen erfolgt:
Die 5 Lernebenen im Blended Learning
- Präsenzlernen
Im Gegensatz zum „klassischen“ Präsenzlernen stehen hier Diskussionen, der direkte Austausch miteinander, Übungen, Praxistransfers usw. im Vordergrund. - Live Online Events
Zeitgleiches, ortsunabhängiges Lernen (aber auch durchaus auch praktische Anwendungen) in virtuellen Räumen, sowohl mit Moderation durch die Trainer als auch selbstorganisiert durch die Lernenden. - Kollaboratives asynchrones Lernen
Zeit- und ortsunabhängiges Lernen – in virtuellen Teams. - Betreutes Selbstlernen
Mit Lernmaterialien in unterschiedlichsten Formaten und Betreuung durch einen Onlinetrainer oder Onlinetutor. - Unbetreutes Selbstlernen
Mit Lernmaterialien in unterschiedlichsten Formaten ohne Betreuung.
Die Inhalte können so auf jeweils den Ebenen vermittelt werden, die didaktisch am sinnvollsten sind:
- Unbetreutes Selbstlernen: Vermittlung von Zahlen, Daten und Fakten, Literaturhinweise
- Betreutes Selbstlernen: Übungen zur Anwendung des Erlernten durch einzelne Teilnehmende mit Begleitung, Feedback
- Kollaboratives asynchrones Lernen: Erarbeitung von Lösungen durch Teilnehmende in Gruppen/Teams über einen festgelegten Zeitraum
- Live Online Events: gemeinsames, zeitgleiches Erarbeiten von Lösungen, Austausch zu Themen, Diskussionen, usw.
- Präsenzlernen: soziale Begegnungen, um hier gezielt einen Kompetenzgewinn zu ermöglichen (evtl. Einbeziehung des Lernortes, Exkursionen, Interaktion mit Gästen, usw.)
Aufbau eines Blended Learnings (Beispiel)
- In diesem Fall dient das Check-in Webinar (Live-Online Session mit hoher Interaktion aller Beteiligten) dazu, alle Teilnehmenden mit dem Ablauf des Kurses vertraut zu machen und erste zum Einsatz kommende Tools kennenzulernen.
- In der Selbstlernphase stehen Skripte, Videos und dergleichen zur Verfügung, mit denen man sich in die Thematik einarbeiten und mit den eingesetzten Tools vertraut machen kann.
- Im ersten Webinar sollten daher alle Teilnehmenden ein relativ homogenes Wissen haben, so dass hier interaktiv an Fallaufgaben gearbeitet, Lösungen diskutiert und die anstehende Gruppenaufgabe vorbereitet werden können.
- Im Präsenzworkshop liegt der Fokus auf der sozialen Interaktion. Hier findet das erste direkte Kennenlernen der Teilnehmenden statt, die hier die Ergebnisse der Gruppenaufgabe präsentieren und gemeinsam auswerten, sich mit Experten zu der Thematik austauschen und für sich aus den Erkenntnissen individuell anstehende Aufgaben identifizieren, die in der Transferphase umgesetzt werden.
- Im Abschlusswebinar (Live-Online Session mit hoher Interaktion aller Beteiligten) werten die Teilnehmenden die Ergebnisse und Erfahrungen aus, diskutieren diese und definieren Weiterentwicklungen. Der gesamte Prozess wird online durch einen Tutor begleitet.
Vorteile des Blended Learnings
Zeit
- Der gesamte Lernprozess geht über einen deutlich längeren Zeitraum, ist dabei allerdings entzerrt.
- In Selbstlernphasen oder in Phasen der asynchronen Kollaboration können Teilnehmende weitgehend selbst entscheiden, wann sie lernen und, abhängig von ihrer jeweiligen Vorbildung, wie viel Zeit sie investieren.
- Die synchronen Lernphasen mit festgesetzten Zeiten sind im Bereich des Live-Online-Trainings in kurzen Einheiten (in der Regel bis zu 90 Minuten) getaktet.
glossar im BlogLearning Nuggets können die Teilnehmenden immer wieder gedanklich in wenigen Minuten in den Lernprozess zurückholen und für Kontinuität im Prozess sorgen.
Flexibilität
Durch die asynchronen Lernphasen besteht für die Teilnehmenden eine hohe zeitliche Flexibilität. Bis auf Präsenzphasen sind die Teilnehmenden auch örtlich unabhängig.
Alles, was gebraucht wird, ist ein Zugang zum Internet und ein internetfähiges Gerät.
Individualität
Die Selbstlernphasen bieten die Möglichkeit, sich je nach Vorkenntnissen mal mehr oder weniger intensiv und zeitaufwendig mit den Inhalten auseinanderzusetzen.
Gemeinsamer Wissensstand
Eine vorgeschaltete Selbstlernphase ermöglicht es, dass die Teilnehmenden bei Beginn einer Kollaboration synchron oder asynchron auf einem Wissensstand sind. Diejenigen, die bereits viele Vorkenntnisse haben, brauchen in dieser Phase nicht viel zu tun, während diejenigen mit wenigen Vorkenntnissen hier die Möglichkeit haben, sich die entsprechenden Kenntnisse anzueignen.
Action Learning – Kompetenzerwerb beim Arbeiten
Blended Learning kann noch mehr: Unter dem Begriff „Action Learning“ wird der Lernprozess direkt in den Arbeitsalltag integriert. Die Teilnehmenden lernen so praktisch direkt bei der Ausübung Ihrer Tätigkeit.
Hier ein Beispiel zum Thema „Projektmanagement“:
In einem Unternehmen sollen 30 Mitarbeiter aus verschiedenen Standorten in ganz Europa Kompetenzen rund um das Projektmanagement erwerben. Statt diese 30 Mitarbeiter eine theoretische Schulung durchlaufen zu lassen, werden sie gebeten, jeweils ein zur Umsetzung anstehendes Projekt im Unternehmen zu finden, welches im Rahmen des Blended Learnings umgesetzt wird – Action Learning.
Der Ablauf könnte dann zum Beispiel so ergänzt werden:
- Projektakquisition seitens der Teilnehmenden: Die Teilnehmenden müssen sich darum bemühen, ein Projekt in der Organisation zu finden, welches sie im Rahmen der Weiterbildung umsetzen.
- Pitchvorbereitung für die Kick-Off Veranstaltung. Ein Projekt geht in die Weiterbildung. Wer setzt sich durch?
- In der Kick-off-Veranstaltung entscheiden die Teilnehmenden nach erfolgten Pitches selbst, welches der Projekte umgesetzt wird. Die Kick-off-Veranstaltung dient dazu, dass sich die Teilnehmenden persönlich kennenlernen und mit den Abläufen, Bedingungen und Verantwortlichkeiten des Lernprozesses vertraut machen.
- Anders als in dem voranstehenden Beispiel beinhaltet ein solches Konzept normalerweise mindestens zwei Präsenzworkshops.
- Je nachdem wie umfangreich und komplex die umzusetzenden Projekte sind, auch weitere zu den jeweiligen Meilensteinen.
Vorteile des Action Learnings
Praktische Umsetzung schon im Lernprozess
Wichtig hierbei ist, dass das ausgewählte Projekt tatsächlich ein ganz realistisches ist, welches in der Organisation umgesetzt werden soll. Nur so entsteht eine win-win Situation:
- Die Organisation hat nicht nur in die Weiterbildung investiert und zeitliche Ressourcen dafür geschaffen, sondern hat ein wichtiges, anstehendes Projekt umgesetzt.
- Die Teilnehmenden haben nicht theoretisch „auf Vorrat“ gelernt, sondern konnten alles direkt in der Praxis umsetzen.
Dynamischer Lernprozess
Tauchen im Lernprozess bei der praktischen Anwendung unvorhergesehene Schwierigkeiten auf, können direkt im Blended Learning Prozess die eventuell nicht vorhandenen Kompetenzen mit aufgegriffen und vermittelt werden, auf Besonderheiten eines bestimmten Projektes oder der Rahmenbedingungen eingegangen werden usw.
Wichtig bei diesem Prozess ist nicht das Abarbeiten eines festgelegten Curriculums, sondern die erfolgreiche Umsetzung des Projektes durch die Teilnehmenden. Entsprechend kann und muss der Inhalt immer an die tatsächlichen Bedürfnisse angepasst werden.
Kompetenzerwerb über die eigentlichen Lernziele hinaus
Schon bei der Vorbereitung lernen sie eventuell neue Bereiche der Organisation kennen, müssen sich in anstehende Projekte hineindenken, entscheiden, ob das Projekt für die Lernphase geeignet ist, die zuständige Bereichs- oder Teamleitung überzeugen, das Projekt im Rahmen der Lernphase durchführen zu lassen, pitchen usw. Im Laufe des Prozesses lernen sie, wie sie virtuell effektiv über räumliche Distanzen hinweg effektiv zusammenarbeiten, moderne Tools anwenden und sich selbst organisieren können. Alles Kompetenzen, die sich auch bei Future Skills wiederfinden (s. Blogbeitrag „21 Zukunftskompetenzen – das bedeuten sie für deine Organisation“)
Hohe Motivation der Teilnehmenden
Im Gegensatz zu dem Lernen, wie die meisten Menschen es aus der Schule kennen – dem theoretischen Wissenserwerb nach festen Lehrplan oder Curriculum und oft wenig Bezug zum Alltag, bietet das Blended Learning die Möglichkeit, einen Lernprozess flexibel an die Erfordernisse im Alltag anzupassen und Erlerntes direkt umzusetzen. Beim Action Learning lernen Menschen die Kompetenzen, die sie jetzt gerade für die Erledigung von tatsächlich anstehenden Aufgaben benötigen.
Fazit
Blended-Learning-Konzepte können sehr individuell für die verschiedensten Bereiche und Zielgruppen entwickelt und angewendet werden.
Im gesellschaftlichen Umfeld könnten so öffentliche oder gemeinnützige Projekte umgesetzt werden, mit gleichzeitigem Kompetenzerwerb der Beteiligten.
Da es nicht DAS Blended-Learning-Konzept gibt, bietet sich hier viel Raum für Kreativität und Innovation.
Das mit- und voneinander Lernen kann sektoren- und grenzübergreifend erfolgen. In einem solchen Prozess kann die Präsenzphase auch durchaus eine Konferenz oder Exkursionen enthalten – alles ist möglich.
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